Lüften? Aber richtig!

Regelmäßiges Lüften sorgt für ein gutes Wohnklima in deinem neuen Zuhause und schützt vor Schimmel und Feuchteschäden. Eine automatische Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung übernimmt diese Aufgabe zuverlässig, spart Energie und entfernt Allergene und andere Schadstoffe aus deiner Atemluft.

Texte: Astrid Barsuhn

Frische Luft ist eines unserer wichtigsten „Lebensmittel“: Rund 11.000 Liter Luft atmen wir täglich. Um gesund und leistungsfähig zu bleiben, ist es wichtig, dass diese Luft reich an Sauerstoff aber arm an Schadstoffen ist. Bei letzteren denken viele erst mal an Luftschadstoffe, wie Autoabgase. Tatsächlich ist aber die Innenraumluft in der Regel viel stärker mit Schadstoffen belastet als die Außenluft. Dazu tragen Emissionen aus Bauprodukten, Möbeln, Putzmittel u.v.a., die chemische Stoffe freisetzen, bei. Da wir durchschnittlich 90 Prozent unserer Lebenszeit in geschlossenen Räumen verbringen ist es also besonders wichtig, diese Schadstoffe durch regelmäßiges Lüften aus den Wohnräumen abzuführen und so die Qualität der Innenraumluft zu verbessern.

Trotzdem denken viele Bauinteressenten, laut einer aktuellen Umfrage, selten an eine Lüftungsanlage. Eine kontrollierte Frischluftzufuhr ist jedoch ein wichtiges Element in der Bauplanung. Denn bei der heutigen energieeffizienten Bauweise entweichen Schadstoffe oder Luftfeuchte nicht mehr wie bei älteren, schlecht gedämmten Häusern über Undichtigkeiten. Um unnötige Wärmeverluste zu vermeiden, werden Neubauten heute sehr luftdicht gebaut. Für ausreichend frische Luft in den Wohnräumen und um überflüssige Feuchtigkeit abzuführen, musst du dein neues Haus also regelmäßig lüften.

Lüften – ausreichend und richtig

Für ein zuträgliches Innenraumklima, und um Feuchteschäden und Schimmelbildung zu vermeiden, solltest du drei bis vier Mal am Tag die gesamte Luft im Haus austauschen. Sind viele Personen zu Hause, ist alle zwei Stunden ein kompletter Luftwechsel nötig, um ein gesundes Raumklima zu gewährleisten. Wie lange du dafür die Fenster öffnen musst, hängt von der Jahreszeit ab. Je größer der Temperaturunterschied zwischen innen und außen, desto kürzer die Lüftungsdauer: Im Winter reichen oft schon fünf Minuten, im Hochsommer braucht man rund 30 Minuten. Am effektivsten ist das sogenannte Quer- und Stoßlüften. Hierzu öffnet man an gegenüberliegenden Seiten des Hauses die Fenster komplett, sodass ein kräftiger Durchzug entsteht. Verbrauchte, schadstoffbelastete Luft entweicht und wird durch sauerstoffreiche Außenluft ersetzt.

Schimmel ist nicht nur ein optisches Problem, sondern kann zu gesundheitlichen Problemen führen. Eine wärmebrückenfreie Haushülle und regelmäßiges Lüften verhindern Schimmelbildung im Haus.
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Dadurch wird auch überschüssige Luftfeuchtigkeit, die z.B. durch atmen, Zimmerpflanzen oder Wäsche trocknen entsteht, aus dem Haus geführt. Das ist sehr wichtig, weil eine dauerhaft zu hohe Luftfeuchtigkeit nicht nur Schimmelbildung unterstützt, sondern langfristig auch zu ernsthaften Schäden am Gebäude führen kann. Deswegen solltest du auch nach dem Duschen oder Kochen direkt die feuchtwarme Luft weglüften. Stoßlüften sorgt auch dafür, dass im Winter zwar die Luft gewechselt wird, die Wohnräume dabei aber nicht zu sehr auskühlen, um nachher wieder teuer aufgeheizt werden zu müssen. An heißen Sommertagen solltest du deine Wohnräume nicht tagsüber, sondern vorzugsweise von spät abends bis zum frühen Morgen lüften, damit nicht zu viel Sommerhitze ins Haus gelangt, die du dann eventuell mithilfe einer Klimaanlage wieder teuer kühlen musst. Apropos heiße Luft: Je wärmer Luft ist, desto mehr Feuchtigkeit kann sie speichern. Kühle Keller sollten daher nicht an heißen Sommertagen gelüftet werden, da sich sonst größere Mengen Kondenswasser absetzen, die zu Schimmel und Bauschäden führen.

Ein Hygrometer ist ein Messgerät zur Bestimmung der Luftfeuchtigkeit. Es gibt analoge und digitale Modelle. Smarte Hygrometer können Daten auf Smartphones oder Tablets anzeigen, detaillierte Aufzeichnungen via App festhalten und auch automatisch die Lüftungsanlage einschalten, wenn die relative Luftfeuchtigkeit zu hoch ist.
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Lüftungstipps für Allergiker

Allergiker und Menschen, die an viel befahrenen Straßen wohnen, sollten beim Lüften zusätzliche Regeln beachten, damit sie sich durchs offene Fenster nicht unnötige Schadstoffe in den Wohnraum holen. Der Straßenverkehr ist meist nachts weniger stark, weswegen dann auch die Luft weniger mit Abgasen belastet ist. Bei Pollenallergien sollte die Lüftungszeit grundsätzlich kurz gehalten werden: Eine Studie der Technischen Universität München ergab 2017, dass kurzes, kräftiges Stoßlüften alle zwei Stunden im Vergleich zur ständigen Kipplüftung zu deutlich niedrigeren Pollenkonzentrationen in einem Raum führt. Die beste Tageszeit fürs Lüften ist außerdem abhängig von den Flugzeiten der Pollen, auf die man allergisch reagiert. Der Verband pneumologischer Klinikern e.V. empfiehlt: „Am Tag die Fenster geschlossen halten, nur morgens oder abends, wenn weniger Pollen fliegen, lüften. Die niedrigste Pollenkonzentration und damit beste Zeit zum Lüften liegt in der Stadt zwischen 6 und 8 Uhr, in ländlichen Gebieten zwischen 19 und 24 Uhr.“

Automatisch lüften

Wenn dir das alles zu aufwendig ist, ist eine automatische Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung die Lösung. Vor allem beim Neubau eines Hauses lässt sich diese unkompliziert integrieren und gehört bei vielen Hausherstellern praktisch zum Standard. Die automatische Wohnungslüftungsanlage sorgt dafür, dass – auch unabhängig vom Lüftungseifer der Bewohner – der für ein gesundes Wohnklima und vor allem den Feuchteschutz des Gebäudes notwendige, regelmäßige Luftwechsel stattfindet. Im Neubau sind zentrale Lüftungsanlagen die Regel. Dabei versorgt ein zentrales, leistungsstarkes Lüftungsgerät über Lüftungskanäle das gesamte Gebäude mit Frischluft und saugt verbrauchte Luft ab. Über Luftqualitätssensoren in den einzelnen Räumen kann die Intensität der Lüftung automatisch gesteuert werden. So wird zum einen eine ungesund hohe Kohlendioxid-Konzentration vermieden, die zu Müdigkeit oder mangelnder Konzentration führen kann. Denn etwa 15 bis 20 Atemzüge in der Minute mit einem Volumen von etwa einem halben Liter Luft macht ein Erwachsener im Durchschnitt. Ein modernes Wohnungslüftungssystem transportiert zudem eventuell gesundheitsschädliche Emissionen und unangenehme Gerüche aus neuen Möbeln und Baumaterialien ab. Und Lärm aus der Umgebung, der sonst durchs offene Fenster dringt, bleibt draußen – auch nachts. So erhältst du sehr komfortabel eine konstant gute und gesunde Luftqualität: mit ausreichend Sauerstoff und dank hochwertigen Filtern weitgehend von Pollen und Staub befreit.

Fensterlüftung oder Lüftungsanlage?

Wir vergleichen dafür das Lüften über Fenster und per Lüftungsanlage.

Die Lüftungsnorm DIN 1946-6 schreibt für Wohnräume ein Lüftungskonzept vor. Erstellt wird es von einem Fachmann für Lüftungstechnik oder auch deinem Architekten. Er überprüft, wie bei unterschiedlichen Nutzungsbedingungen ein ausreichender Luftwechsel sichergestellt wird und der notwendige Luftaustausch erfolgen soll, um Raumlufthygiene und Feuchtebauschutz sicherzustellen. Falls sich daraus die Notwendigkeit eines Wohnungslüftungssystems ergibt, muss der Fachmann eine Planung zur praktischen Umsetzung des Lüftungskonzepts vorlegen. Du bist jedoch nicht verpflichtet, die empfohlenen Maßnahmen umzusetzen.

Großes Sparpotenzial beim Heizen

Ein weiteres Plus: Lüftungssysteme mit integrierter Wärmerückgewinnung minimieren Heizkosten, indem sie die Wärme aus der verbrauchten Innenraumluft an die frische Zuluft übertragen. Lüftungswärmeverluste, wie sie beim Lüften durch geöffnete Fenster entstehen, werden so stark reduziert und die Energieeffizienz deines Zuhauses deutlich verbessert. Weit über 90 Prozent der Abluftwärme können gute Anlagen zurückgewinnen. Wohnungslüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung sollen also dafür sorgen, dass wir stets frische Luft in unseren Wohnräumen haben und dabei gleichzeitig teure Lüftungswärmeverluste reduzieren. Doch funktioniert das auch? Ja. Das hat eine aktuelle Studie des Instituts für nachhaltige Gebäudeausrüstung Dresden bestätigt. Laut dieser kann der Energiebedarf durch die Lüftung mit Wärmerückgewinnung gegenüber Gebäuden mit Fensterlüftung im Neubau (Effizienzhaus) um 49 bis 69 Prozent verringert und die Treibhausgasemissionen um
49 bis 70 Prozent reduziert werden. Damit sind durch die Lüftung mit Wärmerückgewinnung erhebliche Einsparpotenziale erschließbar. Die Energie, die du durch die Wärmerückgewinnung sparst, ist übrigens rund acht Mal so hoch wie der Stromverbrauch der Lüftungsanlage.

Fensterlüftung oder Lüftung mit Wärmerückgewinnung. Quelle: ITG Dresden.

Das ITG Dresden zeigte 2023 in seiner zweiten Kurzstudie Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung als nachhaltige Schlüsseltechnologie der Wärmewende deren Energieeinsparpotenziale auf: „Mit den heute üblichen energieeffizienten Gebäuden zeigen zahlreiche Energiebedarfsberechnungen, dass die Lüftungswärmeverluste bei Fensterlüftung eine Größenordnung von 50% (und mehr) der gesamten Wärmeverluste eines Gebäudes erreichen.“ Diese ließen sich deutlich reduzieren: So könne in einem Neubau im Standard Effizienzhaus 40, der mit einer Luft-Wasser-Wärmepumpe beheizt wird und einen Heizwärmebedarf von 25 kWh/m2a aufweist, eine marktübliche Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung bis zu 49 Prozent der Endenergie einsparen, Topmodelle schaffen sogar bis zu 69 Prozent Endenergie-Einsparungen. Grafik: ITG Dresden

Wichtig für die Energieeffizienz, ein gutes Kosten-/Nutzungsverhältnis und den zugluftfreien und leisen Betrieb deiner Lüftungsanlage, ist eine gute Planung, die Wahl des passenden Lüftungssystems und ein fachgerechter Einbau. Hierfür ist ein speziell geschulter Fachhandwerksbetrieb die richtige Adresse. Er übernimmt auch die Wartung deiner Lüftungsanlage. Den ein bis drei Mal im Jahr, je nach Qualität der Luft in deiner Wohnumgebung, nötigen Filterwechsel kannst du in der Regel selbst übernehmen.

Unterstützung beim sommerlichen Wärmeschutz

Die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung ist auch im Sommer hilfreich, denn eine kontrollierte Wohnraumlüftung kann effektiv dazu beitragen, die Hitze draußen zu halten und die Kühle im Inneren zu bewahren. Zum einen sorgt der sogenannte Sommer-Bypass dafür, dass nachts die kühle Luft direkt ins Haus geführt wird. Tagsüber führt man die heiße Außenluft über den Wärmetauscher, wo sie durch die kühlere Abluft abgekühlt wird. Das bedeutet, dass die Wärmerückgewinnung auch umgekehrt wirkt. Sozusagen als Kälterückgewinnung. Zentrale Lüftungsanlagen können außerdem mit einem Erdwärmetauscher kombiniert werden. Dabei wird die Außenluft über eine längere Leitung, die frostfrei im Erdboden verlegt wird, angesaugt. Dadurch wird die Zuluft von der recht konstanten Bodentemperatur zwischen 7 und 12 Grad im Winter vorgewärmt und im Sommer abgekühlt. Aktiv kühlen, wie eine Klimaanlage, kann eine normale Wohnungslüftungsanlage also nicht. Es gibt allerdings Zentralgeräte, die sich mit einer aktiven Kühleinheit kombinieren lassen.

Zentrale oder dezentrale Lüftungsanlage?

Wer sich für eine automatische Wohnungslüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung entscheidet, hat die Wahl zwischen zentralen und dezentralen Lüftungsanlagen. Hier die Eigenschaften der verschiedenen Systeme im Vergleich.

Wie verhindert man trockene Luft?

Wird kalte Außenluft im Winter mithilfe der Wärmerückgewinnung in der Lüftungsanlage erwärmt, sinkt deren relative Luftfeuchte. Das kann dazu führen, dass die Innenraumluft unangenehm trocken wird. Das ist vor allem für Menschen mit Atemwegserkrankungen ungünstig. Um der trockenen Winterluft die nötige Feuchtigkeit zuzuführen und eine ideale Raumluftfeuchte zwischen 40 und 60 Prozent zu erreichen, können sogenannte Enthalpietauscher in eine Lüftungsanlage integriert werden. Mit deren Hilfe wird feuchter Abluft, wie etwa aus dem Bad oder der Küche, Wasser entzogen und der Zuluft zugefügt. Eine spezielle Membrane überträgt nur die kleinen Wasserdampfmoleküle, während größere Moleküle, wie Viren oder schlechte Gerüche, abgeleitet werden.

Ein behagliches Raumklima herrscht dann, wenn Temperatur und Luftfeuchtigkeit aufeinander abgestimmt sind. Der dunkelblaue Bereich zeigt, dass je höher die Temperatur, desto angenehmer empfindet man eine geringere relative Luftfeuchtigkeit. Grafik: www.fgk.de

Wartung von Lüftungsanlagen

Generell sind Lüftungsgeräte mit Filterelementen ausgestattet. Allergiegeplagte Haushalte wählen am besten ein Modell, welches sich mit speziellen Feinstaub- und Pollenfiltern im Zuluftbereich bestücken lässt. Wichtig: Für eine dauerhaft hygienische Betriebsweise sind die Zu- und Abluftfilter etwa alle sechs bis zwölf Monate konsequent auszutauschen (Filterwechselanzeige beachten). Sinnvoll ist zudem, die Wärmetauschereinheit, sofern möglich, zu entnehmen und mit Leitungswasser abzuspülen. Etwa alle sechs Monate sollten eventuell verschmutzte Außenluft- und Fortluftdurchlässe gereinigt werden. Etwa alle drei bis fünf Jahre empfiehlt sich eine professionelle Wartung oder Inspektion. Der Fachmann prüft bei Bedarf auch das Innere der Luftleitungen.

Darf man trotz Lüftungsanlage die Fenster öffnen?

Es ist ein Mythos, dass man die Fenster geschlossen lassen muss, falls im Haus ein Lüftungssystem eingebaut ist. Aus Hygienegründen und für den Bautenschutz ist das Fensterlüften prinzipiell zwar unnötig, doch wer vor allem an wärmeren Tagen den Kontakt zur Außenwelt sucht, öffnet einfach das Fenster oder die Terrassentür. Dann empfiehlt es sich, die Lüftungsanlage auszuschalten. Es gibt auch die Möglichkeit, dies zu automatisieren. Dann werden Kontakte in die Fensterrahmen integriert, die per Smarthome-Steuerung dafür sorgen, dass die Lüftungsanlage ausgeschaltet wird, sobald das Fenster offen ist.

Du hast noch mehr Fragen rund ums Thema Lüftungsanlagen? Antworten bekommst du in unserer neuen

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